24. November 2025, Max

Buchstaben lernen im Kindergarten – spielerisches Entdecken

Kein seitenweises Nachspuren von Buchstaben: Hier zeige ich dir, wie Kinder im Kindergarten mit Freude und ganz nebenbei die Buchstaben entdecken können.

Sollten Kinder im Kindergarten schon Buchstaben lernen?

Die Frage ist berechtigt. Schließlich ist die Schule der Ort, an dem Kinder systematisch alle Buchstaben kennenlernen. Ist es also wirklich wichtig, dass Kindergartenkinder schon einige Buchstaben kennen, bevor sie eingeschult werden?

Die Diskussion beschränkt sich meist auf zwei Argumente:

Argument dagegen

Die Schule ist für das Erlernen der Buchstaben zuständig. Dort üben, wiederholen und vertiefen Kinder alle Buchstaben über mehrere Jahre hinweg – unter professioneller Betreuung. Warum also schon vorher beginnen?

Argument dafür

Kinder, die schon vor der Schule einige Buchstaben kennen, haben beim Start einen Vorsprung und tun sich leichter.

Wer hat recht?

Beide Sichtweisen haben ihre Berechtigung. Die Schule leistet gute Arbeit beim Vermitteln der Buchstaben. Gleichzeitig zeigen Studien, dass Kinder mit Vorwissen einen klaren Vorteil haben und diesen auch langfristig behalten (Schneider 2017).

Warum es wichtig ist, schon im Kindergarten mit Buchstaben in Kontakt zu kommen

1. Buchstabenlernen hängt mit Sprachförderung zusammen

Kinder lernen Buchstaben im Kindergarten nicht durch Arbeitsblätter in Serie. Wer Kinder seitenweise nachspuren lässt, riskiert, dass sie die Freude an Sprache verlieren.

Spielerisches und entdeckendes Lernen sollte im Vordergrund stehen: beim Vorlesen, im Gespräch oder beim Betrachten von Büchern. Dabei wird Sprache ganz nebenbei gefördert – Kinder lernen neue Wörter, hören Laute und entdecken erste Buchstaben.

2. Kinder haben in der Schule einen Vorteil

Kinder, die vor der Schule Sprachförderung erhalten und schon einige Buchstaben kennen, tun sich später leichter:

„Diejenigen Kinder, die vor Schulbeginn schon über die meisten Buchstaben verfügten, hatten demnach auch zu späteren Untersuchungszeitpunkten gegenüber den übrigen Schülerinnen und Schülern (teilweise deutliche) Vorteile“ (Schneider 2017, S. 38).

Besonders wichtig: Kinder ohne Vorwissen holen den Rückstand kaum auf. Unterschiede bleiben über Jahre bestehen. Ein Vorsprung beim Schulbeginn zahlt sich also langfristig aus.

3. Natürliches Interesse nutzen

Etwa ab dem vierten Lebensjahr interessieren sich viele Kinder für Buchstaben, Wörter und Schrift. Sie beginnen zu kritzeln, das Schreiben nachzuahmen und stellen Fragen zu Buchstaben und Wörtern. Der eigene Name spielt dabei eine zentrale Rolle: Oft ist er das erste Wort, das Kinder schreiben. Zunächst merken sie sich das Schriftbild, später lernen sie die einzelnen Buchstaben. Dieses natürliche Interesse ist die beste Grundlage für weitere Schritte.

4. Mehr Selbstbewusstsein beim Schulstart

Der Übergang von Kindergarten zu Schule ist eine große Veränderung. Vorwissen gibt Sicherheit. Kinder fühlen sich kompetent, erkennen Bekanntes wieder und können entspannter lernen.

So lernt dein Kind die Buchstaben spielerisch

Entscheidend ist die Freude am Entdecken. Druck und starre Arbeitsblätter sind kontraproduktiv. Stattdessen helfen vielfältige, motivierende Erfahrungen:

Mit dem eigenen Namen beginnen

Der eigene Name ist für Kinder besonders wichtig. Er eignet sich perfekt, um erste Buchstaben kennenzulernen und zu verstehen, dass Schrift für etwas steht.

Eine Schreibecke einrichten

Kinder lieben es zu kritzeln. Eine kleine Schreibecke mit Papier, Stiften, Schere und Stempeln bietet dafür den idealen Rahmen. Besonders spannend: Post spielen – mit selbst gemalten Briefen, Umschlägen und „Empfängern“.

Gezinktes Memory

Beim Memory-Spiel können auf den Rückseiten der Karten die passenden Wörter stehen. So merken Kinder schnell, dass Schrift auf Dinge verweist, und verbinden Wortbilder mit Bildern.

Vorlesen und Bücher anschauen

Regelmäßiges Vorlesen fördert nachweislich die Sprachentwicklung (Ruberg & Rothweiler 2012). Dabei können Eltern beiläufig auf Wörter und Buchstaben zeigen: „Hund – hörst du das H am Anfang?“

Gegenstände beschriften

Schubladen, Spielsachen oder Plätze in der Schreibecke können beschriftet werden. So lernen Kinder, Wörter mit Gegenständen zu verbinden.

Buchstaben in der Umgebung entdecken

Buchstaben sind überall: auf Schildern, Verpackungen oder Logos. Kinder entdecken sie von selbst – Eltern können das Interesse aufgreifen und ins Gespräch kommen.

Buchstaben einzeln und ohne Eile entdecken

Beim Schuleintritt kennen Kinder durchschnittlich fünf bis sechs Buchstaben. Mehr ist nicht nötig. Entscheidend ist, dass die Lust am Lernen erhalten bleibt.

Literatur

Adler, Yvonne (2011): Kinder lernen Sprache(n). Alltagsorientierte Sprachförderung in der Kindertagesstätte. Stuttgart: W. Kohlhammer.

Füssenich, Iris; Geisel, Carolin (2008): Literacy im Kindergarten. Unter Mitarbeit von Julia Geisel. München, Basel: Reinhardt.

Panagiotopoulou, Argyro (Hg.) (2004): Sprachentwicklung und Schriftspracherwerb. Beobachtungs- und Fördermöglichkeiten in Familie, Kindergarten und Grundschule. Baltmannsweiler: Schneider-Verl. Hohengehren.

Ruberg, Tobias; Rothweiler, Monika (2012): Spracherwerb und Sprachförderung in der Kita. Stuttgart: Kohlhammer.

Schneider, Wolfgang (2017): Lesen und Schreiben lernen. Wie erobern Kinder die Schriftsprache? Berlin: Springer.