Buchstaben lernen in der Grundschule

Mit der Grundschule beginnt der Leseunterricht. Für Kindern bedeutet das eine Umstellung, für Eltern meist viele Fragen.

Hier erfährst du, wie Kinder in der Grundschule die Buchstaben lernen und wie du dein Kind dabei unterstützen kannst, damit der anfängliche Leseunterricht spielerisch gelingt.

zuletzt aktualisiert am 21.12.2022

Überblick: Buchstaben lernen

Hier bekommst du einen Überblick über das Erlernen der Buchstaben.

Lesen in der Grundschule

Die ersten Schuljahre sind für den Erwerb der Lesekompetenz von großer Bedeutung. Von nun an lernen Kinder das Lesen systematisch, über vier Jahre hinweg entwickelt sich die Lesekompetenz von Kindern enorm weiter. Müssen mit Schuleintritt erst die einzelnen Buchstaben erlernt werden, so können Kinder am Ende der Grundschule Texte und Bücher lesen.

Das Lesen ist in der Grundschule also zentrales Thema und eine der wichtigsten Kernfähigkeiten, die in den Grundschuljahren erworben wird.

Buchstaben in der Grundschule – die Stufen und die Ziele

Die Phonem-Graphem-Zuordnung

Das Buchstabenlernen ist nur ein kleiner Bereich des Lesenlernens in der Grundschule. Es bildet die Basis und steht somit logischerweise am Anfang des Unterrichts.

Die Voraussetzungen der Kinder, die in die 1. Klasse kommen unterscheiden sich logischerweise, teilweise sind diese Unterschiede gewaltig.
Die meisten Kinder jedoch, kennen zu Beginn der Grundschule einige wenige Buchstaben. Aufgabe der Schule ist es, allen Kinder, trotz ihres unterschiedlichen Vorwissens, alle Buchstaben beizubringen.

Kinder müssen dazu zuerst alle einzelnen Buchstaben erlernen: Das bedeutet, dass Buchstaben an ihrem Schriftbild erkannt werden müssen.
Ein Erkennen alleine reicht jedoch noch nicht, schließlich muss auch der passende Laut zum Buchstaben bekannt sein. Kinder müssen also wissen, dass sie den Buchstaben [a] wie /a/ aussprechen müssen.

Das ist die Phonem-Graphem-Zuordnung. Jedem Buchstaben muss der entsprechende Laut zugeordnet werden. Kinder müssen das lernen. Das Erlernen der Phonem-Graphem-Korrespondenz ist eines der ersten große Ziele im Leseunterricht.

Meistens ist diese Zuordnung zwischen Buchstaben und Laut kein großes Problem. Allerdings sind die Zuordnungen nicht immer eindeutig. Manche Buchstaben werden je nach Einsatz unterschiedlich ausgesprochen: Beispielsweise wird das /v/ in Vase wie ein W ausgesprochen.

Das Deutsche ist bei seiner Orthografie, was das Lesen betrifft, jedoch ziemlich regelmäßig. Im Englischen, das eine weit irregulärere Orthografie aufweist, gestaltet sich der Leselernprozess für Kinder schwieriger. Englischsprachige Kinder brauchen so auch länger, bis sie die Phonem-Graphem-Zuordnung kennen und lesen können.

Das Zusammenschleifen von Buchstaben

Mit dem Erlernen der ersten Buchstaben beginnt auch das Üben des Zusammenschleifens der Buchstaben. Beim Lesen werden die Laute der Buchstaben nicht einzeln und mit Pausen ausgesprochen, sondern in einem Fluss.

Zusammenschleifen bedeutet also, dass einzelne Buchstaben als eine Einheit ausgesprochen werden. Ein M und das A werden als MA ausgesprochen, Mama wird nicht M-A-M-A sondern als Mama ausgesprochen.

Als geübter Leser erscheint das einfach für Kinder ist das Zusammenschleifen der Buchstaben oftmals eine Herausforderung. Auch weil die Buchstaben in beliebiger Reihenfolge aneinandergereiht werden können und prinzipiell ein jedes Buchstabengebilde gelesen werden kann.

Buchstaben verschleifen

Das Verschleifen von Buchstaben ist für Kinder oft eine Herausforderung, die nur mit viel Übung gemeistert werden kann.

Die alphabetische Stufe

Kinder, die Buchstaben verschleifen können, können Wörter lesen. Damit ist die alphabetische Stufe erreicht.

Kinder erlesen dabei Wörter Buchstabe für Buchstabe und bilden so eine Lautfolge. Jeder einzelne Buchstabe wird dabei entsprechend der Phonem-Graphem-Zuordnung in seinen Laut übersetzt und mit dem vorangegangenen verschliffen.

So können auch unbekannte Wörter gelesen werden, auch wenn die Bedeutung nicht bekannt ist. Geübte Leser lesen Wörter anders, sie müssen Wörter nicht mehr Buchstabe für Buchstabe erlesen. Nur bei unbekannten Wörtern kommt diese Strategie wieder zum Einsatz.

Auf der alphabetischen Stufe können Kinder Wörter nun rekodieren. Sie kennen alle Buchstaben und können diese zusammenziehen. Damit ist das Lernen der Buchstaben (sofern eine eindeutige Grenze angegeben werden kann) abgeschlossen.

Kinder erreichen diese Stufe meist noch vor oder mit dem Ende des ersten Schuljahres.

Am Ende des ersten Schuljahres erreichen Kinder die alphabetische Stufe. Sie können nun Wörter Buchstabe für Buchstabe erlesen.

Buchstaben lernen – Fibel, synthetischer Ansatz, Lesen durch Schreiben?

In den letzten Jahren wurde viel über die unterschiedlichen Ansätze des Anfangsunterrichts diskutiert.

Fibeln standen lange Zeit in der Kritik, dass die Motivation der Kinder unter ihrem Einsatz leiden würde. Andere Ansätze mussten sich nachsagen lassen, dass sie Kindern mehr verwirren als sie zu unterstützen.

Studien zeigen allerdings, dass es für die Motivation und für den Lernfortschritt der Kinder kaum Unterschiede macht, welcher Ansatz verwendet wird (vgl. Schneider S123). Zudem ist es von Kind zu Kind verschieden, was am besten wirkt.

Die gesamte Debatte um den besten Ansatz des anfänglichen Leseunterrichts ist jedoch überflüssig, da oftmals eine Vermischung der einzelnen Ansätze zum Einsatz kommt. Fibeln besitzen unterschiedlichste Materialen, um die Motivation der Kinder zu steigern, viele Fibeln arbeiten mit Anlauttabellen und mit Ideen des Spracherfahrungsansatzes.

Kinder beim Lernen der Buchstaben optimal unterstützen

Das Erlernen der Buchstaben ist heute durch Material- und Methodenreichtum gekennzeichnet. Zumindest sollte es so sein. Es ist wichtig, Kinder für Buchstaben und weiters für das Lesen zu interessieren und motivieren.

Kinder brauchen vielfältige und motivierende Lernangebote. Das trifft besonders beim Erlernen der Buchstaben zu. Buchstaben sind abstrakt, jegliche Veranschaulichung hilft Kindern.

Leider hat sich diese Ansicht noch nicht überall herumgesprochen. Es gibt unzählige Bücher und Arbeitszettel bei denen Kinder ausschließlich Buchstaben nachspuren sollen – Zeile für Zeile für Zeile.

Also wichtig: vielfältige Aufgaben, möglichst viele Sinne der Kinder ansprechen – das ist besser für Motivation, Selbstvertrauen und Lernfortschritt.

Selbstvertrauen stärken

Buchstaben lernen ist anstrengend. Kindern sollte von Anfang an klar gemacht werden, dass es normal ist, dass es seine Zeit braucht und das Fehler passieren. Ein Jahr verbringen Kinder alleine damit die Buchstaben zu erlernen, nach einem Jahr können sie erste Wörter lesen. Und das Lesen der ersten Wörter bereitet noch jede Menge Mühe.

Wichtig ist es also, nicht die Geduld zu verlieren, das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken. Beim Lesen ist es wichtig, wie man sich selbst wahrnimmt: Glaubt man, dass man selbst ein guter Leser ist, dann liest man gerne und gut.

Regelmäßig Üben

Für das Lesenlernen ist die Familie wichtig. Die Schule leistet beim Erlernen der Buchstaben gute Arbeit, dennoch ist der Einfluss der Familie enorm.

Übe mit deinem Kind regelmäßig und wiederhole die in der Schule gelernten Buchstaben. Es gibt für Kinder kaum eine bessere Motivation, als mit Familienmitgliedern (oder anderen nahen Bezugspersonen) zu lernen.

Wichtig beim Lesenlernen ist es auch, nicht zu übermotiviert zu werden. Wie gesagt, Kinder brauchen Zeit.

Alle Sinne einbeziehen

Wie weiter oben schon erwähnt, ist es beim Erlernen der Buchstaben wichtig, mehrere Sinne anzusprechen. Das ist gut für die Motivation, Erlerntes bleibt leichter im Gedächtnis und durch das Ansprechen mehrerer Sinne sind die Aufgaben abwechslungsreich. Folgend findest du einige Ideen, wie das gelingen kann.

Vielfältige und abwechslungsreiche Übungen sind wichtig für die Motivation und für den Lernfortschritt. Das Schreiben von Buchstaben hilft Kindern beim Lernen; endlose Nachspurübungen langweilen und üben zu einseitig.

Buchstaben lernen mit allen Sinnen – Ideen

Reime und Merksprüche

Beim anfänglichen Schreiben von Buchstaben hilft es Kindern, wenn sie die einzelnen Schritte des Schreibens mitsprechen. Beim Buchstaben B beispielsweise: Strich nach unten, erster Bauch, zweiter Bauch.

Solche Merksprüche und helfen Kindern, sich die Schreibrichtung einzuprägen.

Mundbewegung beschreiben

Kinder sollen beschreiben, was bei der Aussprache eines Buchstabens gemacht wird. Wie bewegt sich die Zunge, welche Stellung haben die Lippen, wo wird der Laut gebildet. Ziel ist es, dass sich Kinder selbst beobachten, wie ein Laut eigentlich gebildet wird. So wird die Phonem-Graphem-Zuordnung geübt.

Buchstaben suchen

Kinder sollen Buchstaben finden und einkreisen. Beispielsweise soll der Buchstabe A in einem Buchstabensalat gefunden werden. Dabei können auch unterschiedliche Schriftarten verwendet werden.

Buchstaben können auch in Wörtern eingekreist werden. Kinder können sich dabei auf die Suche machen, ob bestimmte Buchstaben am Wortanfang oder in der Wortmitte vorkommen.

Buchstaben hören

Kinder sollen bei gesprochenen Wörtern feststellen, ob oder wo sich ein bestimmter Buchstabe in einem Wort befindet.

Du kannst einzelne Wörter vorsprechen (Haus), dann fragst du dein Kind, ob der Buchstabe H darin vorkommt und wo er sich befindet (am Anfang).

Die Übung können Kinder auch selbstständig durchführen, wenn sie als Grundlage Bilder haben. Anhand des Bildes eines Hauses muss das Kind feststellen, ob sich das H am Anfang, in der Mitte oder am Ende des Wortes befindet.

Buchstaben ertasten

Holzbuchstaben gibt es seit Ewigkeiten. Das ist auch kein Wunder, denn Kinder spielen sehr gerne damit. Für das Ertasten von Buchstaben eigenen sich Holzbuchstaben hervorragend. Du kannst deinem Kind während es die Augen geschlossen hat einen Buchstaben in die Hände legen und durch Ertasten muss es den Buchstaben erkennen.

Buchstaben erfühlen

Male deinem Kind mit deinem Finger einen Buchstaben auf den Rücken oder auf die Hand. Kann es den Buchstaben erraten?

Buchstaben nachspuren

Das Schreiben von Buchstaben hilft Kindern sich die Buchstaben einzuprägen. Für jüngere Kinder eignen sich Vorlagen mit größeren Buchstaben noch ausmalen oder nachspuren. Ältere Kinder können ihre Feinmotorik beim Schreiben von kleineren Buchstaben trainieren.

Mit Texten arbeiten

Vorlesen ist wichtig. Das Lernen von Buchstaben kann sehr gut mit dem Vorlesen verbunden werden. Lies deinem Kind eine kurze Geschichte vor. Anschließend sucht dein Kind im Text nach einem bestimmten Buchstaben. So trainiert es nicht nur die Buchstaben, sondern lernt auch mit Texten umzugehen.

Literatur

Adler, Yvonne (2011): Kinder lernen Sprache(n). Alltagsorientierte Sprachförderung in der Kindertagesstätte. Stuttgart: W. Kohlhammer.

Diewald, Andrea; Weigl, Kathrin (2022): Das ABC mit allen Sinnen. Ein multisensorischer Buchstabenlehrgang. In: Grundschulmagazin, Schriftspracherwerb (4), S. 6–11.

Schneider, Wolfgang (2017): Lesen und Schreiben lernen. Wie erobern Kinder die Schriftsprache? Berlin: Springer.

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