Phonologische Bewusstheit fördern
Die phonologische Bewusstheit gibt bei Kindern an, wie problemlos und schnell der Schriftspracherwerb gemeistert werden kann.
Kinder, deren phonologische Bewusstheit schlecht ausgebildet ist, tun sich beim Lesen- und Schreibenlernen schwerer.
Kinder, die im Bereich der phonologischen Informationsverarbeitung (dazu zählt die phonologische Bewusstheit) gut aufgestellt sind, tun sich leichter.
Der Grundgedanke ist, die phonologische Bewusstheit gezielt zu fördern, um Kindern den das Lesen- und Schreibenlernen zu erleichtern und Lese- und Schreibschwächen zu verhindern.
Ob eine Förderung sinnvoll ist, wie diese aussehen kann und auf welche wichtige Unterscheidung du beim Fördern achten musst, erfährst du hier.
zuletzt aktualisiert am 24.03.2023
Ist eine Förderung der phonologischen Bewusstheit sinnvoll?
Ja, eine Förderung der phonologischen Bewusstheit ist für alle Kinder sinnvoll. Studien haben gezeigt, dass besonders sprachliche und metasprachliche Fertigkeiten, den Erwerb des Lesens und Schreibens beeinflussen. Die phonologische Bewusstheit (in Verbindung mit anderen Fertigkeiten der phonologischen Informationsverarbeitung) ist somit zentrale Voraussetzung für den Schriftspracherwerb.
Bereits in den 1960ern kam die Vermutung auf, dass die phonologische Bewusstheit trainierbar sei. Seitdem wurde oftmals bestätigt, dass Kinder schneller und besser lesen lernen, wenn ihre Fertigkeiten im Bereich der phonologischen Bewusstheit vor dem Schuleintritt trainiert wurden.
Der Schuleintritt bedeutet für Kinder eine große Umstellung. Besonders das Lesen- und Schreibenlernen sind in den ersten Jahren zentral. Eine gut ausgebildete phonologische Bewusstheit erlaubt einen reibungslosen und raschen Schriftspracherwerb, Kinder lernen Lesen und Schreiben müheloser und sind sicherer in der Rechtschreibung.
Wenn das Lesen und Schreiben anfangs einfach geht, nimmt das bei vielen Kindern Druck und Nervosität von den Schultern; sie sind motivierter und bilden ein positives Selbstkonzept im Bezug auf das Lesen und das Schreiben aus.
Die phonologische Bewusstheit ist quasi ein Teil des Fundaments, auf dem der Schriftspracherwerb aufbaut. Diese Grundlagen müssen gefestigt sein, ansonsten ziehen sich die Probleme quer durch die Schullaufbahn und bleiben auch im Erwachsenenalter bestehen.
Wichtig ist allerdings, dass bei der Förderung eine wichtige Unterscheidung gemacht wird.
Alle Kinder fördern – nur unterschiedlich
Wie gesagt, von einer Förderung der phonologischen Bewusstheit profitieren alle Kinder.
Es muss jedoch eine wichtige Unterscheidung bei der Förderung gemacht werden. Normalerweise erlernen Kinder früh sprachliche Kompetenzen im Bereich der phonologischen Bewusstheit ganz automatisch – das geschieht im Umgang mit ihren Mitmenschen, durch das Vorlesen von Büchern, durch Zuhören, durch Kinderreime usw.
Phonologische Bewusstheit wird also nebenbei vermittelt, indem Kinder der Sprache ausgesetzt sind. Kinderlieder, Reime, Sprachspiele verstärken die Vermittlung der Strukturen von Sprache. Diese Art der Förderung wird als implizite Förderung bezeichnet.
Manche Kinder haben jedoch Probleme bei der Ausbildung der phonologischen Bewusstheit. Die Entwicklung findet nicht oder nur verringert statt. Das kann eine ganze Reihe an Gründen haben, die von Gehörbeeinträchtigungen bis zu Hochbegabungen führen können.
Wichtig ist es diese Gründe abzuklären und die Hilfe von Experten zu suchen. Eine Förderung ist hier unerlässlich und sollte so früh wie möglich beginnen. Eine explizite Förderung ist hierbei wichtig.
Also: Von einer Förderung profitieren alle Kinder, die Art der Förderung richtet sich jedoch nach dem Kind. Sprachspiele, Kinderlieder, usw. zählen zur impliziten Förderung. Kinder, die Probleme haben, sollten explizit mit speziellen Förderprogrammen gefördert werden.
Von einer Förderung der phonologischen Bewusstheit profitieren alle Kinder.
Wie kann die phonologische Bewusstheit gefördert werden?
Wichtig ist es zu klären, ob ein Kind explizite Förderung im Bereich der phonologischen Bewusstheit benötigt. Für solche Risikokinder gibt es gute und erprobte Förderprogramme, die schnellstmöglich eingesetzt werden sollten. Wichtig ist es, professionelle Hilfe zu suchen.
Willst du dein Kind mit Übungen zur phonologischen Bewusstheit fördern, um ihm den Start in der Schule zu erleichtern und es gut auf das Lesen- und Schreibenlernen vorbereiten, dann kann eine implizite Förderung ausreichen.
Beide Förderansätze stelle ich dir folgend genauer vor.
Explizite Förderung – Förderprogramme
Spezielle Förderprogramme zur phonologischen Bewusstheit wurden von Spezialisten entwickelt, über Jahre hin untersucht und verbessert und deren Wirksamkeit wurde in zahlreichen Studien bestätigt.
Diese Förderprogramme sind so konzipiert, dass Kinder mit Problemen im Bereich der phonologischen Bewusstheit ihre Defizite sicher und schnellstmöglich aufholen können.
Der Vorteil dieser Programme ist, das sie funktionieren; sie sind erprobt und sinnvoll. Die Nachteile sind, dass meist täglich eine fixe Zeiteinheit eingeplant werden muss und das die Programme gekauft werden müssen.
Die Aufgaben sind kindgerecht und motivierend aufgebaut, das Lernen ist jedoch nicht so frei und spielerisch, wie bei einer impliziten Förderung.
Doch, wie gesagt: Kinder, die Probleme oder gar Defizite im Bereich der phonologischen Bewusstheit haben, sollten mit solchen Förderprogrammen üben – aus dem einfachen Grund, weil sie funktionieren.
Beispiel eines Förderprogramms – Hören, lauschen, lernen
Das Trainingsprogramm Hören, lauschen, lernen bringt Kindern die lautlichen Strukturen der deutschen Sprache näher. Eingeteilt in sechs aufeinander aufbauenden Einheiten lernen Kinder anhand von Sprachspielen Laute, Silben, Phoneme u.v.m. kennen.
Das Trainingsprogramm kann im letzten Halbjahr des Kindergartens eingesetzt werden, das Ziel ist dabei der Förderung des phonologischen Bewusstheit entsprechend: den Schriftspracherwerb erleichtern.
Die Dauer des Programms liegt bei 20 Wochen, in denen Kinder täglich 15 bis 20 Minuten üben sollten.
Implizite Förderung
Eine implizite Förderung geschieht quasi nebenbei. Das spielerische Lernen steht dabei im Vordergrund.
Beispiele für eine implizite Förderung sind die Beschäftigung mit Reimen, das Bestimmen eines Anlautes eines Wortes oder das Singen eines Kinderliedes. Implizite Förderung kann somit zu Hause oder im Kindergarten stattfinden.
Implizite Förderung kann also alles sein, was den Fokus auf die Struktur der Sprache lenkt. Für den Anfang eignen sich dafür besonders Reime. Ein Reim (Bsp.: Haus – Maus) kann inhaltlich etwas ganz anderes meinen, allerdings ist die Struktur der Wörter ähnlich. Beim Reim ist also nicht die Bedeutung der Wörter wichtig, sondern die Struktur. Genau darum geht es bei der phonologischen Bewusstheit: lautliche Strukturen der Sprache erkennen.
Der Vorteil einer impliziten Förderung ist, dass Sprachspiele zum Einsatz kommen. So lernen Kinder die Strukturen der Sprache spielerisch kennen, es kann freier gelernt werden und Kinder lernen Sprache entdecken. Sprachspiele und Übungen lassen sich leicht in den Alltag integrieren.
Der Nachteil ist, dass die Wirksamkeit einer impliziten Förderung nicht feststellbar ist. Wird tatsächlich regelmäßig geübt und die Lernzeiten eingehalten oder oft darauf vergessen? Gerade bei Kindern mit Defiziten in der phonologischen Bewusstheit ist dies verheerend.
Implizite Förderung eignet sich jedoch hervorragend, um Kinder spielerisch auf den Schriftspracherwerb vorzubereiten. Besonders Kinder, die sich für Sprache begeistern, erledigen gerne Sprachspiele. Kinder, die sprachlich gut sind, profitieren ebenfalls von einer Förderung der phonologischen Bewusstheit. Darauf wird leider oftmals vergessen.
Übungen zur phonologischen Bewusstheit
So kannst du die phonologische Bewusstheit spielerisch zu Hause üben.
Phonologische Bewusstheit – kein Allheilmittel
In den letzten Jahren hat die phonologische Bewusstheit jede Menge Aufmerksamkeit erfahren. Oftmals lesen sich Artikel über die phonologische Bewusstheit recht einseitig: Schnell wird der Eindruck vermittelt, dass eine Förderung der phonologischen Bewusstheit das Allheilmittel gegen sämtliche Leseprobleme, Lesestörungen, usw. sei.
Die phonologische Bewusstheit ist wichtig und sie kann als Grundlage des Lesens bezeichnet werden. Allerdings nur als eine Grundlage.
Das zeigt sich schon dadurch, dass die phonologische Bewusstheit nur ein Teil der phonologischen Informationsverarbeitung ist. Die zwei anderen Teile (sprachliches Arbeitsgedächtnis und Benenngeschwindigkeit) sind für das Lesen und Schreiben ebenso wichtig, wie die phonologische Bewusstheit.
Dazu kommen noch unzählige andere Faktoren und Einflüssen, die das Lesen- und Schreibenlernen beeinflussen.
Das Fördern der phonologischen Bewusstheit ist also kein Allheilmittel. Es ist wichtig und eine Grundlage, doch es ist nur einer der ersten Schritte einer weiteren Leseförderung.